Wahlprüfsteine: Antworten der Grünen

Der BBK Bayern möchte mit Wahlprüfsteinen herausfinden, welche Parteien sich am deutlichsten für die Interessen unserer Mitglieder einsetzen. Wir senden unsere Wahlprüfsteine an die parlamentarischen Fraktionen. Hier die Antworten der Grünen:

Frage 1:
Entbürokratisierung: An welcher Stelle setzt sich Ihre Partei für die Entbürokratisierung der Antragsverfahren ein? Welche Regeln bei der bayerischen Kulturförderung können Sie als Abgeordnete im Parlament ändern?

Die Antrags- und Nachweisverfahren für staatliche Kulturförderungen in Bayern stehen der Arbeitsrealität von Kreativen teils diametral entgegen. Förderkriterien sind oft nicht transparent, die notwendigen Eigenmittel für Projekte sind für Künstler*innen meist nicht zu stemmen und der Prozesshaftigkeit künstlerischer Produktion wird kaum Rechnung getragen. Dass Anträge oft postalisch und in mehrfacher Ausführung eingereicht werden müssen bedeutet vermeidbaren Ressourcenverbrauch. Wir setzen uns dafür ein, dass sowohl Förderanträge wie auch Verwendungsnachweise vereinfacht werden und digital eingereicht werden können. Handlungskosten und künstlerische Arbeit müssen in angemessener Höhe anerkannt werden. Die Abgeordneten im Parlament entscheiden über den Staatshaushalt, und somit die Höhe von Förderprogrammen des Freistaats. Wir Grüne wollen hier den Bayerischen Kulturfonds aufstocken und reformieren, damit alle Künstler*innen in Bayern Mittel für innovative Projekte beantragen können.

Frage 2:
Honorare: Angemessene Künstler:innen-Honorare sind eine Voraussetzung für die künstlerische Freiheit. Wie setzen Sie sich mit Ihrer Partei für die Anerkennung der Honorarleitlinien der Verbände der freien Künste als zuwendungsfähige Projektausgaben in Bayern ein?

Wir Grüne unterstützen die Forderung nach angemessener Bezahlung für künstlerische und kreative Arbeit auf Basis der Honorarempfehlungen von einschlägigen Berufsverbänden und Gewerkschaften. Eine von den bayerischen Landtagsgrünen in Auftrag gegebene Studie zum künstlerischen Einkommen hat gezeigt, wie prekär die Lage ist: das Medianeinkommen freiberuflicher Künstler*innen liegt bei 2.600€ brutto im Jahr. Für uns ist dieser Zustand nicht haltbar. Wir sorgen dafür, dass die öffentliche Hand bei Aufträgen und Förderprogrammen mit Mindestgagen und Mindesthonoraren mit gutem Beispiel vorangeht. Dabei schließen wir den Gender-Pay-Gap und den Gender- Show-Gap, denn Frauen bekommen immer noch weniger Sichtbarkeit – gesamtgesellschaftlich wie auch im künstlerischen Bereich. Auch Leistungen, für die bisher keine Honorare vorgesehen sind, wie z.B. Ausstellungen, sind daher angemessen mit Mindesthonoraren zu vergüten. Auch die Höhe von Stipendien und Preisen überprüfen wir, bei Festanstellung muss die tarifvertragliche Bezahlung selbstverständlich sein.

Frage 3:
Reform der Förderprogramme: Befürworten Sie eine Verpflichtung der Förderungsnehmer:innen des Freistaat Bayern zur Bezahlung von angemessenen Künstler:innen-Honoraren? Unterstützen Sie die Forderung nach einer Reform der Kunstförderprogramme?

Um die Einkommenssituation der Künstlerinnen und Künstler in Bayern nachhaltig zu verbessern und damit die Grundlage für soziale Absicherung zu legen, müssen überall dort wo Menschen künstlerisch und kreativ arbeiten, angemessene Honorare gezahlt werden. Der Freistaat kann im Bereich der öffentlichen Kulturförderung durch die verpflichtende Einhaltung von Honorarempfehlungen als Förderkriterium ein wichtiges Fundament dafür schaffen. Wir Grüne setzen uns dafür ein, dass überall dort, wo öffentliche Mittel fließen, auch angemessene Honorar bezahlt werden. Eine Reform von Kunstförderprogrammen unterstützen wir dahingehend, dass die Förderrichtlinien den Lebens- und Arbeitsrealitäten der Kreativen entsprechen müssen. Inhaltliche Kriterien müssen dabei stärker wiegen als formale Förderkriterien.

Frage 4:
Arbeitsräume: Atelier- und Projekträume stehen gerade in Ballungsgebieten unter einem enormen Preisdruck. Wie wirken Sie auf die Verbesserung der Atelierförderung ein? Wie stellen Sie ein niederschwelliges Angebot an Ausstellungsflächen sicher?

Die Raumnot, gerade in Ballungszentren wie München und Nürnberg, betrifft viele gesellschaftliche Bereiche. Die gesamte Kulturszene leidet unter dem enormen Preisdruck, Arbeits-, Produktions- und auch Aufführungsräume werden zunehmen in Randgebiete verdrängt, da sie in zentralen Lagen schlicht nicht mehr bezahlbar sind. Kulturorte gehören aber als Diskursorte in die Mitte unserer Gesellschaft. Wir Grüne setzen uns dafür ein, dass bestehende Kulturorte erhalten bleiben – das gilt auch für Ateliers und Ausstellungsflächen. Außerdem sprechen wir uns für eine Aufstockung des Bayerischen Atelierförderprogramms aus, damit künftig noch mehr Künstlerinnen und Künstler davon profitieren können. Mehr und besserer Raum für Kunst und Kultur bedeutet auch in die Zukunft blicken: beim Bauen und Sanieren müssen neue Nutzungen im gesamten Planungsprozess integriert sein. Wo Raum oder Ressourcen knapp sind, soll zeitgemäße Mehrfachnutzung gefördert werden.

Frage 5:
Kunst im öffentlichen Raum: Das Programm „Kunst am Bau“ ist die größte Investition in zeitgenössische Kunst. Treten Sie dafür ein, dass die staatliche Bauverwaltung trotz steigender Baupreise zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum realisiert?

Bayern ist ein Kulturstaat (Art. 3 Abs. 1 Verfassung des Freistaats Bayern – BV). Mit den Gemeinden hat der Staat die Pflicht, Kunst und Wissenschaft zu fördern und „Mittel zur Unterstützung schöpferischer Künstler…bereitzustellen.“ (Art. 140 BV). Im Rahmen dieser Aufgabe kommt der „Kunst am Bau“ besondere Bedeutung zu: diese Kunst ist nicht nur Ausdruck des kulturellen Selbstverständnisses unserer Gesellschaft, sondern auch eine wichtige Einkommensquelle für viele bildende Künstlerinnen und Künstler. Die Mittel für Kunst am Bau müssen deshalb weiterhin in der üblichen Höhe von bis zu 2 Prozent der Gesamtbaukosten zur Verfügung gestellt werden. Ein Anstieg der Baukosten bedeutet damit auch eine Erhöhung des Etats von “Kunst am Bau”, die wir Grünen grundsätzlich fordern. Außerdem setzen wir uns dafür ein, dass die Kunstwerke auch langfristig erhalten und gepflegt werden, wie es der ORH im November 2019 gefordert hat. Allein aus Wertschätzung gegenüber den Künstlerinnen und Künstlern ist dies dringend erforderlich.

Frage 6:
Kulturelle Bildung: Kreativität ist der Rohstoff für Innovation. Welchen Stellenwert geben Sie der kulturellen Bildung in Bayern im lebenslangen Lernen? Welche Position nimmt die kulturelle Bildung in Ihrem Wahlprogramm ein?

Wir stärken Kulturinstitutionen, Vereine und Initiativen, die sich im Bereich der kulturellen Bildung engagieren. Kooperationen für kulturelle Bildung inner- und außerschulisch und kulturelle Bildung für alle Altersgruppen treiben wir voran. Wir setzen uns für die Umsetzung des bayerischen Musikplans ein, bauen die Unterstützung für die Jugendkunstschulen aus und stärken die Soziokultur. Nur wenn Akteure verlässliche Strukturen aufbauen und sich umfassend vernetzen können, kann die breite Gesellschaft von den wertvollen Angeboten der kulturellen Bildung profitieren. Deshalb ist in unserem Wahlprogramm die Gründung eines Kompetenzzentrums für kulturelle Bildung und Vermittlung verankert, das als zentrale Stelle Projektmittel vergibt, Weiter- und Ausbildungen anbietet und die unterschiedlichen Akteure vernetzt.

Frage 7:
Zukunftsthemen: Mit welchen kulturpolitischen Zukunftsthemen identifiziert sich Ihre Partei?

Bayern ist Kulturstaat. Und dennoch kranken Kunst und Kultur hier an struktureller Unterfinanzierung. In Bayern gibt es bisher keine politischen Überlegungen und Leitlinien dazu, was staatliche Kulturpolitik leisten soll und wie sich die Finanzierung dieser Aufgaben im Staatshaushalt widerspiegeln müsste. Wir Grüne fordern deshalb einen breiten Beteiligungsprozess, um einen Landeskulturentwicklungsplan zu erarbeiten, der transparente Kriterien und Ziele als Basis der Kulturpolitik und -förderung formuliert. Nachhaltigkeit bedeutet Zukunftsfestigkeit. Deshalb ermöglichen wir die strukturelle, sozial-ökologische Transformation der Kulturbranche mit den notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen, damit diese abseits von Nachwuchssorgen und Mitteldebatten zukunftsfähig ist. Digitalität, sowohl in den Strukturen wie auch in der Kunst selbst ermöglichen wir. Eine angemessene Entlohnung für digitale Kunst- und Kulturangebote bringen wir voran.

Frage 8: Verbandsstrukturen: Wie stärkt Ihre Partei die Selbstverwaltungsstrukturen der Freien Szene? Welchen Wert hat für Sie eine intakte Verbandsstruktur in der Fläche?

Eine gesunde und arbeitsfähige Verbandsstruktur ist die Grundlage für demokratische Entscheidungsfindungen. Dialog muss die Basis von Kulturpolitik sein, deshalb stärken wir Grüne die Strukturen der Verbände, damit ein regelmäßiger Austausch auf Augenhöhe möglich ist. Die staatlichen Förderprogramme für die freie Szene sollen aufgestockt und erweitert werden, die Abwicklung der Programme sehen wir auch künftig bei den Verbänden, denn hier bündelt sich die Expertise in den jeweiligen Bereichen. Eine solide Ausstattung der Verbände, damit diese auch die administrative Tätigkeit gut bewältigen können, sehen wir dabei als Grundvoraussetzung. Auch eine strukturelle Weiterentwicklung erachten wir als sinnvoll, deshalb unterstützen wir Organisationsentwicklung auf allen Ebenen, auch durch Beratungsangebote.


Hier könnt ihr euch unsere Wahlprüfsteine, wie wir sie an die Fraktionen geschickt haben nochmal nachlesen:

https://www.bbk-bayern.de/aktuelles/2023/4/24/wahlprfsteine-des-bbk-zur-landtagswahl-2023